Tendinopathie:
Wenn die Sehne zwickt

Plöt­zlich ist er da: ein Schmerz in der Achil­lessehne. Der eine oder andere Hob­by-Läufer erlebt dies nach ein paar Jahren sein­er sportlichen Aktiv­ität. Dahin­ter steckt meist eine Tendinopathie. Wir haben mit Prof. Dr. med. Heinz Lohrer, einem Experten für Sehnen­erkrankun­gen, gesprochen.

© daniel.schoenen / photocase.de
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Häufig Läufer betroffen

Nach Feier­abend sind die Jog­ger wieder unter­wegs. Auch Manuel gehört zu ihnen. Seit ein paar Jahren geht er min­destens jeden zweit­en Tag mit Freude joggen. Doch dieses Mal sind die ersten Lauf­schritte nicht wie son­st befreiend, son­dern schmerzhaft. Er spürt ein Zwick­en in der Achil­lessehne. Nur mühevoll kann er weit­er­laufen, muss ein biss­chen humpeln. Als der Schmerz nach eini­gen Minuten ver­schwindet, kann er seine Runde wie üblich fort­set­zen.
Was Manuel wie auch viele andere Läufer quält, ist eine soge­nan­nte Tendinopathie der Achil­lessehne. Sie ge­­hört zu den häu­fig­sten Schä­den bei Sport­lern und beschreibt eine Erkrankung der Sehne, die auf­grund von dauer­hafter Über- oder Fehlbe­las­tung, durch Mikro­trau­men oder Stof­fwech­sel- und Durch­blu­tungsstörun­gen auftritt. Unter Bre­it­en­sportlern sind vor allem Langstreck­en­läufer betrof­fen, im Leis­tungss­port haben haupt­säch­lich Leicht­ath­let­en damit zu kämpfen.

Drei Differentialdiagnosen

„Die Diag­nos­tik ist zumin­d­est in den fort­geschrit­te­nen Fällen ein­fach, weil man eine Schwellung an der Achil­lessehne sieht“, berichtet Prof. Dr. Lohrer. Er hat schon etliche Stu­di­en zu Tendinopathien durchge­führt und kommt mehrmals täglich mit diesem Krankheits­bild in Kon­takt. Meist tritt der typ­is­che Schmerz des Patien­ten schon beim Abtas­ten der Waden­musku­latur, der Achil­lessehne, sowie des darun­ter­liegen­den Schle­im­beu­tels oder des Fersen­beins auf. Um die Diag­nose zu bestäti­gen, kom­biniert Dr. Lohrer dies mit ein­er Unter­schal­lun­ter­suchung. Für die anschließende Behand­lung sei es wichtig, genau zu wis­sen, welche Struk­tur betrof­fen ist. Man unter­schei­det zwis­chen ein­er Achillo­dynie, wenn die Sehne gereizt ist, ein­er Bur­si­tis sub­achil­lea, wenn der Schle­im­beu­tel entzün­det ist, und einem hin­teren Fersen­sporn, beziehungsweise ein­er Reizung des Sehne­nansatzes am Fersen­bein. „Das sind die drei Dif­fer­en­tial­diag­nosen. Für den Patien­ten ver­laufen sie von der Symp­to­matik her ähn­lich. Sie müssen aber anders ther­a­piert wer­den“, so Lohrer.

drei Dif­fer­en­tial­diag­nosen. Für den Patien­ten ver­laufen sie von der Symp­to­matik her ähn­lich. Sie müssen aber anders ther­a­piert wer­den“

Schlechte Durchblutung der Sehne verlangsamt die Heilung

Meist han­delt es sich um eine chro­nis­che Reizung dieser Struk­turen. Durch eine hohe und oft wieder­holte Belas­tung, wie beim Joggen oder Sprin­gen, wer­den Sehne, Schle­im­beu­tel und Knochenansatz stark beansprucht und es kann zu kleinen Ver­let­zun­gen kom­men. Auf­grund der schlecht­en Durch­blu­tung der Sehne benötigt der Kör­p­er viel Zeit zur Heilung. Doch da Betrof­fene in der Anfangsphase der Erkrankung nach ein paar Minuten wieder schmerzfrei laufen kön­nen, bleibt der Sehne nicht genü­gend Zeit zu regener­ieren. Es schießen mehr und mehr Gefäße in die Sehne ein (sog. Neo­vasku­lar­isierung). Diese sor­gen dafür, dass dieses Gebi­et sen­si­bler für Reize wird.

Belastungsreduktion und Physiotherapie helfen

© Dan Race - Fotolia.com
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Dr. Lohrer emp­fiehlt als erste Maß­nahme, die Belas­tung zu reduzieren. Zudem ver­schreibt er seinen Patien­ten Phys­io­ther­a­pie. Dort geht es vor allem darum, durch eine gezielte Unter­suchung der Gelenke und Muskeln, die Beinachse und somit den Lauf­stil des Patien­ten pos­i­tiv zu bee­in­flussen. „Auch die Außen­bän­der des Fußes und die Großze­he müssen begutachtet wer­den“. Lohrer betont: „Ist die Groß­zehe nicht beweglich, verän­dert sich das Abrol­lver­hal­ten. Die Betrof­fe­nen laufen dann über den Außen­rand des Fußes und es kommt zu ein­er Fehlbe­las­tung der Achil­lessehne.“ Unter­stützend ver­schreibt er dem Patien­ten die passenden Ein­la­gen. In der Phys­io­ther­a­pie soll vor allem die Waden­musku­latur exzen­trisch, also nach­lassend, trainiert wer­den, erk­lärt Dr. Lohrer. In eini­gen Stu­di­en kon­nte nachgewiesen wer­den, dass dieses Train­ing bei Tendinopathien erfol­gre­ich ist.

Stoßwelle und Injektionen vor Operation

Beste­ht das Prob­lem nach sechs bis acht Wochen weit­er­hin, rät Dr. Lohrer zu ein­er Stoßwellen­be­hand­lung. Auch während dieser Zeit darf der Betrof­fene nur reduziert belas­ten und muss seine sportliche Aktiv­ität ein­schränken. Eine weit­ere phys­io­ther­a­peutis­che Behand­lung ist sin­nvoll. Und erst wenn auch das erfol­g­los bleibt, befür­wortet Dr. Lohrer eine Injek­tions­be­hand­lung. Von der Kor­ti­son-Spritze über Eigen­blut-Behand­lung, bis hin zu ein­er Injek­tion von Flüs­sigkeit, die die Gefäßneu­bil­dun­gen abreißen lässt, gibt es ver­schiedene Möglichkeit­en, die der Arzt abwä­gen muss. Als let­zten Schritt kann über eine Oper­a­tion nachgedacht wer­den. Wobei der Patient immer wis­sen muss, dass die Nach­be­hand­lung sich bis zu einem Jahr hinzieht, so Dr. Lohrer.