Plötzlich ist er da: ein Schmerz in der Achillessehne. Der eine oder andere Hobby-Läufer erlebt dies nach ein paar Jahren seiner sportlichen Aktivität. Dahinter steckt meist eine Tendinopathie. Wir haben mit Prof. Dr. med. Heinz Lohrer, einem Experten für Sehnenerkrankungen, gesprochen.
Häufig Läufer betroffen
Nach Feierabend sind die Jogger wieder unterwegs. Auch Manuel gehört zu ihnen. Seit ein paar Jahren geht er mindestens jeden zweiten Tag mit Freude joggen. Doch dieses Mal sind die ersten Laufschritte nicht wie sonst befreiend, sondern schmerzhaft. Er spürt ein Zwicken in der Achillessehne. Nur mühevoll kann er weiterlaufen, muss ein bisschen humpeln. Als der Schmerz nach einigen Minuten verschwindet, kann er seine Runde wie üblich fortsetzen.
Was Manuel wie auch viele andere Läufer quält, ist eine sogenannte Tendinopathie der Achillessehne. Sie gehört zu den häufigsten Schäden bei Sportlern und beschreibt eine Erkrankung der Sehne, die aufgrund von dauerhafter Über- oder Fehlbelastung, durch Mikrotraumen oder Stoffwechsel- und Durchblutungsstörungen auftritt. Unter Breitensportlern sind vor allem Langstreckenläufer betroffen, im Leistungssport haben hauptsächlich Leichtathleten damit zu kämpfen.
Drei Differentialdiagnosen
„Die Diagnostik ist zumindest in den fortgeschrittenen Fällen einfach, weil man eine Schwellung an der Achillessehne sieht“, berichtet Prof. Dr. Lohrer. Er hat schon etliche Studien zu Tendinopathien durchgeführt und kommt mehrmals täglich mit diesem Krankheitsbild in Kontakt. Meist tritt der typische Schmerz des Patienten schon beim Abtasten der Wadenmuskulatur, der Achillessehne, sowie des darunterliegenden Schleimbeutels oder des Fersenbeins auf. Um die Diagnose zu bestätigen, kombiniert Dr. Lohrer dies mit einer Unterschalluntersuchung. Für die anschließende Behandlung sei es wichtig, genau zu wissen, welche Struktur betroffen ist. Man unterscheidet zwischen einer Achillodynie, wenn die Sehne gereizt ist, einer Bursitis subachillea, wenn der Schleimbeutel entzündet ist, und einem hinteren Fersensporn, beziehungsweise einer Reizung des Sehnenansatzes am Fersenbein. „Das sind die drei Differentialdiagnosen. Für den Patienten verlaufen sie von der Symptomatik her ähnlich. Sie müssen aber anders therapiert werden“, so Lohrer.
drei Differentialdiagnosen. Für den Patienten verlaufen sie von der Symptomatik her ähnlich. Sie müssen aber anders therapiert werden“
Schlechte Durchblutung der Sehne verlangsamt die Heilung
Meist handelt es sich um eine chronische Reizung dieser Strukturen. Durch eine hohe und oft wiederholte Belastung, wie beim Joggen oder Springen, werden Sehne, Schleimbeutel und Knochenansatz stark beansprucht und es kann zu kleinen Verletzungen kommen. Aufgrund der schlechten Durchblutung der Sehne benötigt der Körper viel Zeit zur Heilung. Doch da Betroffene in der Anfangsphase der Erkrankung nach ein paar Minuten wieder schmerzfrei laufen können, bleibt der Sehne nicht genügend Zeit zu regenerieren. Es schießen mehr und mehr Gefäße in die Sehne ein (sog. Neovaskularisierung). Diese sorgen dafür, dass dieses Gebiet sensibler für Reize wird.
Belastungsreduktion und Physiotherapie helfen
Dr. Lohrer empfiehlt als erste Maßnahme, die Belastung zu reduzieren. Zudem verschreibt er seinen Patienten Physiotherapie. Dort geht es vor allem darum, durch eine gezielte Untersuchung der Gelenke und Muskeln, die Beinachse und somit den Laufstil des Patienten positiv zu beeinflussen. „Auch die Außenbänder des Fußes und die Großzehe müssen begutachtet werden“. Lohrer betont: „Ist die Großzehe nicht beweglich, verändert sich das Abrollverhalten. Die Betroffenen laufen dann über den Außenrand des Fußes und es kommt zu einer Fehlbelastung der Achillessehne.“ Unterstützend verschreibt er dem Patienten die passenden Einlagen. In der Physiotherapie soll vor allem die Wadenmuskulatur exzentrisch, also nachlassend, trainiert werden, erklärt Dr. Lohrer. In einigen Studien konnte nachgewiesen werden, dass dieses Training bei Tendinopathien erfolgreich ist.
Stoßwelle und Injektionen vor Operation
Besteht das Problem nach sechs bis acht Wochen weiterhin, rät Dr. Lohrer zu einer Stoßwellenbehandlung. Auch während dieser Zeit darf der Betroffene nur reduziert belasten und muss seine sportliche Aktivität einschränken. Eine weitere physiotherapeutische Behandlung ist sinnvoll. Und erst wenn auch das erfolglos bleibt, befürwortet Dr. Lohrer eine Injektionsbehandlung. Von der Kortison-Spritze über Eigenblut-Behandlung, bis hin zu einer Injektion von Flüssigkeit, die die Gefäßneubildungen abreißen lässt, gibt es verschiedene Möglichkeiten, die der Arzt abwägen muss. Als letzten Schritt kann über eine Operation nachgedacht werden. Wobei der Patient immer wissen muss, dass die Nachbehandlung sich bis zu einem Jahr hinzieht, so Dr. Lohrer.