Prof. Dr. med. Heinz Lohrer im Interview

Daniela Horas befragte den Experten der Sport­orthopädie zum Thema Tendinopathien

Wie viele Patien­ten mit Tendinopathien kom­men zu Ihnen in die Prax­is?

Das sind so etwa 60 Prozent mein­er Patien­ten. Aber die Patien­ten kom­men erst zu mir, wenn sie in ihrer Belast­barkeit erhe­blich eingeschränkt sind, also wenn sie in ihrer Leis­tungs­fähigkeit beim Sport stark zurück­bleiben, im All­t­ag Schmerzen haben, zum Beispiel beim Gehen, oder wenn das Spazierenge­hen mit dem Hund ein Prob­lem wird.

Eine Studie men­schlich­er Beine bei Ren­nen
© Bill Sode­man https://www.flickr.com/photos/billsophoto/5099063808/

Über welche Beschw­er­den kla­gen die Patien­ten mit ein­er Tendinopathie der Achil­lessehne?

Diese Patien­ten haben zu Beginn einen Anlauf­schmerz bei kör­per­lich­er Belas­tung wie Joggen oder Sprin­gen. Meist tut es ihnen ein paar Minuten weh. Sie humpeln ein paar Schritte und wenn die Sehne warm ist, wird es langsam bess­er. Das Ganze ist auch rel­a­tiv lange tol­er­a­bel. Zumal viele dann mal einen Tag Pause machen und es wieder aufhört. Erst in ein­er fort­geschrit­te­nen Phase bleibt der Schmerz auch während des Sports und schließlich auch im All­t­ag präsent.

Sind es nur Läufer, die sich bei Ihnen mit diesen Beschw­er­den vorstellen? 

Bei uns sind es fast nur Läufer, wobei natür­lich auch Fußball­spiel­er, Vol­ley­baller und Bas­ket­baller dazu gehören. 80 Prozent sind Jog­ger, die im Dauer­lauf­bere­ich trainieren. Das liegt natür­lich an der Spezial­isierung, die wir hier am Sportmedi­zinis­chen Insti­tut in Frank­furt haben. Bei Tendinopathien der Achil­lessehne gibt es jedoch zwei Kollek­tive: Das eine sind die Sportler, das andere sind die Nicht-Sport-Patien­ten. Das heißt, auch Nicht-Sportler kön­nen ein Prob­lem an der Achil­lessehne haben. Wobei das meis­tens nicht die Sehne selb­st bet­rifft, son­dern den Schle­im­beu­tel unter der Sehne. Was man bei Nicht-Sportlern auch sehr häu­fig antrifft, sind die dor­salen Fersen­sporne.

Sie empfehlen als Haupt­maß­nahme zur Behand­lung der Achil­lessehnen-Tendinopathie, die Belas­tung zu reduzieren. Was heißt das genau?

Das ist im Grunde das Wichtig­ste, wobei man ver­suchen muss, die Belas­tung nicht ganz her­auszunehmen, son­dern diese zu mod­i­fizieren. Das heißt, die Patien­ten kön­nen ruhig ein biss­chen trainieren. Viele wür­den ja sowieso nicht aufhören… Den Triath­leten kann man dann zum Beispiel sagen, dass sie nur das Schwim­men und Rad­fahren trainieren sollen und das Laufen mal sein lassen. Aber ein klas­sis­ch­er Jog­ger, set­zt sich nicht gern aufs Rad; sie machen dann zum Beispiel Aqua-Jog­ging. Damit kann man die Belas­tung ganz gut anpassen. Die Frage ist auch immer: Was ist eine län­gere Pause? Das, was der Patient darunter ver­ste­ht, ist etwas ganz anderes, als das, was ich darunter ver­ste­he. Beim Patient ist länger eine Woche. Bei mir ist länger ein halbes Jahr. Es ist also wichtig, dass man sich über konkrete Zeiträume unter­hält, um eine Besserung zu erre­ichen.

Danke für das Gespräch.